Wer bin ich?

Ich habe mich in meinem Leben schon so oft verändert, dass ich mich manchmal wirklich frage, wer ich wirklich bin. Und ich habe so viele einander widersprechende innere Stimmen und Gefühle, dass sich die Frage einfach aufdrängt.

Diese Frage führt mich nach innen. Dort finde ich den Satz: Werde, die du bist!

Ich glaube, die widersprüchlichen Impulse und Ideen sind alle Teile eines großen Ganzen, das ich nicht – noch nicht! – erkennen kann, weil ich noch in Zeit und Raum gefangen bin.

Vielleicht besteht Gottes Größe darin, alle meine Teile zu diesem Ganzen schon zu sehen und mich als das zu lieben, das ich in Wirklichkeit bin.

Ich erlebe mich oft zersplittert, zerrissen, aufgelöst, aber das kommt daher, weil ich immer nur einen kleinen Teil des großen Ganzen sehen und überblicken kann.

Und Gott ähnlich kann ich werden, wenn ich es schaffe, ein kleines Stück von mir, meinem Jetzt und Heute abzurücken und ein bisschen mehr Überblick bekommen kann. Das macht mich sofort freier, reicher und weniger ängstlich.

Gott hat keine Angst, Gott hat den Überblick. Am Ende ist alles gut. Wenn noch nicht alles gut ist, ist offenbar noch nicht das Ende!

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Erlösung

Was ist Erlösung? Wie geht das? Kann ich dazu etwas beitragen oder muss ich warten, dass Gott es macht?

Ich erlebe Erlösung immer wieder, für Momente:

– wenn mir etwas gelingt.

– wenn ich es schaffe, meine Masken fallen zu lassen.

– wenn ich Begegnung zulasse.

– wenn ich mich für Gott oder einen Menschen öffne.

– wenn ich mich wirklich einlassen kann.

– wenn ich etwas Tolles erlebe.

Und dann ist es wieder weg, und schnell schleicht sich dann wieder die Frage ein: war das wahr? Ist es etwas wert, wenn es wieder so schnell verschwindet?

Das ist der Zweifel, mit dem ich leben muss. Das „Erbe der Schlange“, die Folge der Erkenntnis, wie ich letztens geschrieben habe, ist der Zweifel. Sicher, wir gelangen zu einer neuen Erkenntnis oft nur über den Zweifel, aber der ist schwer auszuhalten.

Dass aber die Momente der Erlösung vorübergehend sind, macht sie nicht unwahr oder unerlebt. Erlösung gibt es, jedenfalls in diesem Leben, immer nur punktuell. Aber immerhin: es gibt sie!

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Adam, wo bist du?

Es gibt eine Stelle in der Bibel, im Ersten Testament, die mich beeindruckt: Adam hat gerade den „Apfel“ gegessen, also vom Baum der Erkenntnis, und was ihm als erstes auffällt, ist, dass er nackt ist. Da kommt Gott und will ihn besuchen. Adam schämt sich seiner Nacktheit und versteckt sich vor Gott. Hinter einem Feigenbaum, wie wir wissen.

Gott sucht ihn: Adam, wo bist du?

Adam sagt, es ist ihm peinlich, sich zu zeigen, weil er ja nackt ist.

Zwei Gedanken sind es, die mir da immer einfallen: wie dumm von Adam, dass er sich versteckt: genau damit weist er Gott quasi extra drauf hin, dass er Mist gebaut und den Apfel gegessen hat. Daraus können wir sehen, dass Erkenntnis nicht automatisch Klugheit bedeutet … 😉

Der andere, ernstere Gedanken: offenbar kam mit der Erkenntnis auch die Angst, selbst erkannt zu werden. Das Vertrauen geht verloren, das Misstrauen wird geboren. Adam war immer schon nackt, aber das wird erst zum Problem, wenn er das Vertrauen verloren hat, dass es Gott gut mit ihm meint. Was, laut Eugen Drewermann, auch das Problem ist, warum er überhaupt von dem Baum gegessen hat: er hat Gott nicht vertraut, dass es gut ist, er wollte selbst wissen, erkennen.

Ich kenne die Scham gut. Ich habe in „Die Asche meiner Mutter“ einen Satz gelesen: „Ich schämte mich meiner Herkunft so sehr, dass ich sie am liebsten verdrängt hätte“.

Die Scham, erkannt zu werden, durchschaut zu werden, auf die Herkunft reduziert zu werden, das alles macht Angst. Dann beginne ich mich zu verstecken, aber das mindert die Angst nicht sondern macht sie nur umso größer.

Wie geht die Geschichte von Adam weiter? Gott muss ihn aus dem Paradies werfen, aber er gibt ihm noch Felle gegen seine Blöße – wieder etwas, was mich tief berührt: Gott ist sorgend, er kann mit der Blöße und der Scham umgehen, er gibt Adam das, was er nur deswegen braucht, weil er ihm nicht vertraut hat.

Das hilft mir, meine Schwächen auszuhalten. Ein Fell, von Gott genäht – solange ich es brauche. Aber ich bin frei, alle Feigenblätter, Felle und sonstige Schutzmaßnahmen abzulegen und mit Vertrauen vor Gott und den Menschen zu stehen: so bin ich, so hat mich Gott geschaffen, so bin ich gut. Es gelingt mir, ab und zu.

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Gottesbilder

Gott, du hältst die alten Bilder des Glaubens in uns lebendig

und schenkst uns dazu Gedanken und Erfahrungen, damit wir sie neu füllen können.

Zu dir kommen wir, Gott,

du Quelle ungeahnter Möglichkeiten.

Wir brauchen deine Kraft.

Wir hoffen, dass dein Mut unsere Ängste überwindet,

dass deine Phantasie unseren Träumen Flügel leiht,

damit wir spüren können, was uns lebendig macht

und damit wir in deine Schöpfung Leben tragen.

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Segen für den Körper

Sei gesegnet in deinen Füssen, die dich tragen in allem, was du bist.

Sei gesegnet in deinen Beinen, die dich dahin bringen, wo du das lebst, was jetzt wichtig ist.

Gesegnet sei in deinem Leib, dass dir die Wärme und die Lust, die Liebe und die Schmerzen zur ständigen Quelle deines Lebens werde.

Sei gesegnet in deinem Herzen, dass dir die Güte einen Lichtkranz um dein Herz entstehen lässt und alles Blut hell pulsiert.

Sei gesegnet in deinen beiden Schultern, Armen und Händen, dass du klar weißt, was zu tragen ist, zu geben oder abzuwehren.

Gesegnet sei in deinem Hals, Nacken und Kopf, dass gute Gedanken deine Schöpferkraft fördern und das Lächeln deines inneren Friedens dich verschöne.

Sei gesegnet. Jetzt.

Amen

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Gottes Sehnsucht

Ich habe letztens an einer Meditation teilgenommen, die mich sehr beeindruckt hat.

Die Anregung war, sich vorzustellen, dass Jesus vor mir steht und mich demütig anschaut.

Gott schaut mich demütig an, und nicht umgekehrt! Das ist ein interessanter Gedanke.

Gott hat Respekt und Ehrfurcht vor mir, findet mich schön. Ist stolz auf mich. Geht mit mir, begleitet mich, sucht mich. Hat Sehnsucht nach mir.

Gott ist nicht ganz ohne mich.

Natürlich braucht mich Gott nicht für sich selbst, aber ich bin auch nicht Mutter ohne meine Kinder. Ich brauche keine Kinder, um ganz zu sein, aber um Mutter zu sein schon.

Gott braucht mich nicht für sich, aber um Gott zu sein schon.

Daher hat Gott Sehnsucht nach mir ….

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Kein Übergriff

Der Geist kann nur heilen, was dem Geist offen ist.

Gott bricht nicht ins Leben ein.

Es ist meine Aufgabe, mich Gott und der Erlösung, der Heilung zu öffnen. Gott tut nichts mit mir, was ich nicht will.

Das ist, angesichts der vielen Übergriffe, die es im Laufe eines Lebens so gibt, schon alleine heilsam. Ich kann mich heilen lassen, in meinem Tempo, nach meinen Möglichkeiten und nur dort, wo ich Vertrauen genug habe, mich der heilenden Größe Gottes zu öffnen.

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Alltag ist der Weg

Die alten Meister sagen:

„Alltag ist der Weg.“

Manche Menschen

verstehen das so,

dass man auch im Alltag

seinen inneren Übungsweg

verfolgen solle.

Das sagen die alten Meister

aber nicht.

Sie sagen:

„Alltag ist der Weg.“

Wie kann man dann

fürchten,

der Alltag könnte

einen vom Weg abbringen?

Alltag selbst

ist selbst der Weg.

Dieser mein Alltags-Augenblick

er allein,

ist der Weg.

aus: Silvia Ostertag, Stille finden und daraus leben – Impulse für den Alltag, Herder spektrum

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Meditationsgedanken

Ich sitze hier.

Ich schweige.

Ich spüre meinen Körper.

Mein Körper schweigt.

Ich sitze auf Mutter Erde.

Mutter Erde schweigt.

Mein Körper und Mutter Erde werden eins.

Das Schweigen meines Körpers vereint sich mit dem Schweigen von Mutter Erde.

Schweigen.

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Sprachlosigkeit

Ich habe einmal ein schönes Gleichnis von Spiritualität gehört: es ist wie beim Tauchen: man bespricht vorher alles, bereitet sich vor, versorgt sich mit der nötigen Ausrüstung und macht sich auf den Weg. Dann kommt der Tauchgang. Man lässt sich ein, schaut und ist unter Wasser nur in der Lage, bruchstückhaft und über Zeichensprache zu kommunizieren. Dort ist das Schauen und Erleben gefragt.

Anschließend taucht man wieder auf, und wenn man dann über das Gesehene und Erlebte spricht, ist es schon Vergangenheit, kann man sich nur auf Gewesenes beziehen.

So ist es mit Gotteserfahrung auch: im Moment der Erfahrung ist Reden nicht wirklich möglich, und danach kann man nur in der Vergangenheitsform drüber reden.

Das macht das Reden so schwer, macht eine Verständigung darüber fast unmöglich.a

Das sollte uns immer bewusst bleiben, wenn wir jemanden „bekehren“ wollen!

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